Regierungen planen es für Ihre maroden Staatswährungen – Softwareanbieter tun es für Ihre Lizenzabrechnung und nun auch die Handwerkerbeauftragung per Blockchain!
Ich bin mir noch nicht sicher, was ich davon halten soll. Macht sich jetzt jeder Sektor und jede Branche ihre eigene Währung?
Smart Contracting, also Verträge per Blockchain abschließen und dokumentieren, finde ich cool, aber muss das unbedingt mit einer eigenen Währung sein? Vielleicht ist Smart Contracting nur das Vehikel, um eine eigene Währung durchzusetzen und so die Weltherrschaft …
Kurz zur Erläuterung. Ich bin kürzlich über „Bob’s Repair“ gestolpert. Das interessante Konzept ist, Handwerkern Smart Contracting anzubieten. Der verifizierte Handwerker wird also mit einer Blockchain versehen.
Eine Blockchain ist eine dezentrale, wenn gut gemacht auch fälschungssichere Datenbank, in die jeder Einblick nehmen kann. Bitcoins basieren z.B. auf dieser Technologie. Jede Transaktion, jeder Vorgang wird protokolliert und in dieser Datenbank abgelegt.
Im Falle der Handwerker könnten das deren Aufträge sein. Und weil es geht, lassen wir die Bewertung der Kunden zu diesem Auftrag auch noch einfließen. Maximale Sicherheit und Transparenz, denn jeder Interessent kann diese Protokolle einsehen, inkl. detailliertem Leistungsverzeichnis, zugehörigen Preisen und der nachfolgenden Bewertung.
Kein Informationsungleichgewicht zwischen Kunde und Handwerker mehr, nur noch unendliche Kundenzufriedenheit zählt. Bei genauem Hinschauen ist die Geschäftsidee des Smart Contracting zwischen Handwerk und Endkunde vielleicht doch nicht so smart. Das wahre Potential des Smart Contracting mit Blockchain liegt darin, Mittelsmänner mit den verbundenen Kosten zu eliminieren.
Ein tolles Beispiel dazu wäre Grundbücher. Ein Grundbuch als Blockchain könnte Notare und Katasterämter überflüssig machen. Beim Smart Contract zwischen Handwerk und Endkunde gibt es allerdings keinen Mittelsmann, der zu eliminieren wäre.
Bleibt als Vorteil nur die Transparenz. Auf der anderen Seite: Welcher Endkunde will denn wirklich maximale Transparenz? Wenn man Endnutzer fragt – klar, wollen es alle. Aber was fängt man mit maximaler Transparenz an? Wer will sich wirklich durch zig Seiten Leistungsverzeichnis quälen, en detail vergleichen und auf den eigenen individuellen Fall anpassen?
AGBs werden ja schon nicht gelesen. Man spürt es ja nicht so, weil man meist die AGBs einfach ohne zu lesen abklickt, aber gerade amerikanische Unternehmen setzen gerne auf das Konzept der maximalen Intransparenz durch maximale Transparenz.
Eine weit über die Blockchain vorausschauende Geschäftsidee zu den AGBs: Man bräuchte eine eigene Experten-KI, die die jeweiligen AGBs (später die Smart Contracts) in der Blockchain mit den Leistungsverzeichnissen analysiert, die problematischen Stellen anzeigt und mit einem Ampelsystem dem Klick zu- oder abrät.
Mehr wollen die meisten doch gar nicht wissen: Kann ich dem Anbieter vertrauen, ist er seriös und zuverlässig? Das ist Realwirtschaft im Gegensatz zu Börsen. Da ist immer einer der Verlierer.
Nicht falsch verstehen: Ich bin fasziniert von den Möglichkeiten der Blockchain. Da wird noch einiges möglich werden und noch einiges verschwinden, was wir bisher für unverzichtbar hielten und damit Ressourcen und Potentiale freisetzen.
Problematisch wird es aus meiner Sicht, wenn Firmen ihre eigenen Coins herausgeben, quasi Kapital sammeln durch sog. ICOs, Initial Coin Offerings. Übrigens: bei Bob’s Repair soll es nach dem aktuellen Business Case dann doch eine Flat Fee für die Listung im Anbieterkatalog geben, der Anbieter und Nachfragende zusammenführt 😉 Da sind wir dann wieder – es läuft primär doch wieder auf ein Leadmodell hinaus, dass dann über Transparenz und Bewertungen im eigenen Blockchain Universum läuft … hmm …!
Was denkt Ihr? Ist Bob’s Repair ein geschickter Marketing Gag , um den eigenen ICO schön hochzuheizen, oder doch eine ernst zunehmende Alternative für die lokale Anbietersuche mit wesentlichen Vorteilen bei der Preis- und Service-Transparenz?